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sicheres Wohnen

Sicheres Wohnen

Für einen Ausstieg ist an bestimmten Punkten wichtig, herauszufinden, ob Du Deinen Ausstieg in Deinem gewohnten Umfeld fortsetzen kannst oder ob evtl. eine Veränderung Deiner Wohnsituation angebracht ist. Ebenso ist es bedeutend, genau hinzuschauen, wie sicher Deine Wohnumgebung gerade ist.

Ob Du in Deinem gewohnten Umfeld wohnen bleibst oder ob Du im Laufe Deines Ausstiegs ein- oder mehrere Male umziehen wirst:

die Frage, wie Du Dein Wohnen, Deine unmittelbare Umgebung möglichst angenehm und vor allem sicher gestalten kannst, wird immer wieder wichtig sein.

Hierzu einige Tipps, wie Du Deine Wohnumgebung absichern kannst oder wie Du klug einen Umzug planen kannst. Alle Tipps sind als Gedankenanstösse gemeint. Bitte prüfe einfach für Dich, ob davon etwas für Deine Situation praktikabel ist oder abgewandelt ausprobiert werden kann.

 

Haus

Einige Tipps zum sicheren Wohnen

Damit Du Deine aktuelle Wohnsituation besser einschätzen kannst, stelle ich Dir mal einige Fragen, die Dir evtl. helfen können, festzustellen, ob Du bereits sicher wohnst oder ob es „Sicherheitslücken“ gibt, die besser geschlossen werden sollten, und ob Du schon klar weisst, ob Du dort, wo Du jetzt bist, bleiben möchtest oder es für einen erfolgreichen Ausstieg doch klüger wäre, einmal umzuziehen, damit Du weiterkommen kannst.

  • Wie wohnst Du gerade? In einem Haus, in einer Wohnung?
  • Wohnst Du allein oder mit anderen zusammen?
  • Wie sieht das Wohnumfeld aus (Nachbarn, Verkehrsanbindung, abgelegen oder sind andere Wohnhäuser in der Nähe…)?
  • Sind Deine Finanzen geklärt, so dass Du weisst, wie Du die Miete zahlen kannst oder droht Dir die Obdachlosigkeit bzw. bist Du finanziell noch von Tätern abhängig?
  • Wer hat Zugang zu Deinem Wohnraum? Wer hat einen Zweitschlüssel?
  • Wen lässt Du in Deinen Wohnraum hinein? Menschen, die Dir gut tun oder auch Menschen, die nur halb okay sind oder Personen, die Dir eher schaden wollen?
  • Hast Du vor Kurzem oder aktuell noch mal Gewalt in Deinem Wohnraum erlebt?
    Wie nah sind die Täter an Deinem Wohnraum dran? (Nachbarn, Nebenstraße, weiter weg…) und wie viele Täter befinden sich aktuell in Deiner näheren Umgebung?
  • Fühlst Du Dich weitestgehend sicher oder hast Du ständig Angst, irgendwas Schlimmes könnte passieren, wenn Du allein in Deiner Wohnung bist oder das Haus verlässt und hat diese Angst mit einer konkreten Bedrohung, einem kürzlich erlebten Verhalten (Nachstellung, Belästigung, Drohung…) zu tun?

Diese Fragen können Dir Anhaltspunkte geben, wie sicher Deine Wohnsituation gerade ist. Sie können Dir Hinweise geben auf Situationen, auf die Du jetzt gut achten solltest und es ist gut herauszufinden, ob es gerade Angst gibt und wo die Angst herkommt. Ist die Angst eher im Inneren oder resultiert die Angst auf einer bedrohlichen Situation, weil es eben noch „Sicherheitslücken“ in Bezug auf ein sicheres Wohnen gibt und wie könnten diese Lücken behoben werden? Würde es Personen geben, die jetzt mithelfen würden?

Es ist entscheidend für Dein weiteres Vorgehen, hier Klarheit zu haben, denn eine sichere Wohnumgebung kann dabei mithelfen, dass Du einen Grossteil an Stress und Angst loswirst und stabiler und sicherer Deinen Weg fortsetzen kannst. Ein sicheres Wohnen kann sogar entscheidend dabei mithelfen, um übergriffiges Verhalten wirksam zu stoppen.

Ich möchte Dir nun 3 Möglichkeiten zeigen, wie Du Dein Wohnen sicherer machen kannst:

1. Mit anderen zusammen wohnen

Einige Betroffene entscheiden sich in einer solchen Situation dafür, eine Zeit lang mit anderen zusammen zu leben. Manche wohnen also in einer WG und andere lassen sich vorübergehend in einer Einrichtung betreuen.

Auf diese Weise hat man oft andere Menschen um sich herum, man ist eingebunden und andere würden sehr schnell merken, wenn man plötzlich nicht mehr da wäre oder irgendjemand in Deiner Nähe auftauchen würde, der keine guten Absichten mit Dir hat.

Man kann sich auch ganz gezielt zum gemeinsamen Einkaufen verabreden und das Haus zusammen verlassen oder auch konkrete Absprachen treffen, wie z.B. ein Haus- und Besuchsverbot für bestimmte Personen zu vereinbaren oder ganz gezielte Handlungen absprechen, wie z.B.: „Wenn jemand mehrmals klingelt, anruft oder belästigt und versucht ins Haus einzudringen, dann verhalten wir alle uns so und so.“

Das kann sinnvoll sein und weiterhelfen. Denn mit der Unterstützung anderer kannst Du möglicherweise vor Angriffen und Belästigungen geschützt sein und innerlich so weit zur Ruhe kommen, dass Du wieder zu Kräften kommst und Dich evtl. auf Dein Berufsleben, Deine Therapie/ Beratung und auf die nächsten Schritte konzentrieren kannst.

Doch nicht immer ist eine Veränderung der Wohnsituation, ein Zusammenleben mit anderen, eine Lösung für Nachstellungen von Tätern. Es ist ein Versuch, eine Möglichkeit, wie Du evtl. Deine Gesamtsituation etwas verbessern kannst. Vielleicht hast Du Glück und kannst mit Hilfe anderer tatsächlich Distanz zu den Tätern schaffen, doch es gibt Fälle, wo das alleine leider noch nicht ausreichend ist. Denn manchmal spielen verschiedene Faktoren mit hinein, warum Täter jemanden nicht gehen lassen wollen. Dies ist wichtig zu bedenken. Doch das Zusammenwohnen mit anderen kann auch in einem solchen Fall Vorteile mit sich bringen und kann für einige Zeit besser sein, als alleine zu wohnen.

2. Sein Umfeld miteinbeziehen

Wenn Du merkst, dass Du keine (grösseren) Veränderungen an Deiner Wohnsituation vornehmen musst, weil Du vielleicht davon profitieren kannst, dass Du schon ein gutes Netz an Helfern und Unterstützern um Dich hast und evtl. genau weisst, wer absolut nicht in Deine Wohnung darf, bietet es sich an zum Einen vorübergehende Absicherungen in Deinen Alltag einzubinden und zum Anderen die Menschen um Dich herum, die Dich kennen und mögen und von Deiner Situation wissen, einfach geschickt mit zu involvieren.

Vielleicht ist es klug, wenn Du vorübergehend abgelegene Orte meidest und spät abends oder nachts nur in Begleitung unterwegs bist. Manchmal können Sicherheitsanrufe eine Hilfe sein, also mit einer Person zu vereinbaren, dass Du sie anrufst oder sie Dich einmal am Tag oder zu einer ganz bestimmten Zeit anruft, damit man sicher weiss, dass alles in Ordnung ist und falls nicht, würde man wenigstens so schnell es geht Abhilfe schaffen können.

Dies ist z.B. sinnvoll, wenn Du alleine wohnst und unter der Woche arbeiten gehst, aber am Wochenende vielleicht nicht verabredet bist und allein in Deiner Wohnung sitzt. Oder es steht evtl. ein Geburtstag an, an dem es einen Versuch einer Person geben könnte, die Dir nicht gut tut, wieder in Deine Nähe zu kommen und da bietet es sich an, das Handy griffbereit zu haben und jemanden direkt erreichen zu können oder an diesem Tag nicht allein zu sein, weil es Menschen gibt, die bescheid wissen und mit aufpassen.
Manchmal ist es ausreichend solche Absprachen für einige Wochen oder Monate aufrecht zuerhalten und danach merken die Täter, dass sie keine Chance mehr haben unbemerkt an jemanden heran zu kommen und lassen dann von einer Person ab.

 

Menschen

Das Dasein anderer Menschen, die Aufmerksamkeit und das Interesse anderer kann ein ausreichender Schutz und eine enorme Hilfe bei einem Ausstieg sein!!!

Allerdings macht es ebenfalls Sinn sich gedanklich mit Risiken und bedrohlichen Situationen auseinander zu setzen und sich im Vorfeld gut zu überlegen, wie man im Ernstfall reagieren kann. Wie würdest Du auf einen Drohanruf reagieren? Was würdest Du tun, wenn Person X vor Deiner Haustür auf Dich wartet? Im Vorfeld zu überlegen, was passieren könnte und wie man sich dann verhält, kann Sicherheit geben und führt in der Regel dazu, dass man im richtigen Moment eine passende Reaktion zeigt. Hilfreich sind hier auch Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskurse bzw. Literatur hierzu.

Es ist gut Gefahren erkennen und einschätzen zu können. Es ist gut zu wissen, wann und wie man Grenzen ziehen muss und wenn man das Glück hat, dass man andere Personen aus seinem Umfeld mit einbeziehen kann, dann geht vieles leichter.

Wenn Du Dir sicher bist, dass es so gut ist, dann ist alles okay. Doch wenn Du merkst, dass die Bedrohungen massiver werden anstatt nachzulassen oder Du emotional einfach nicht von Personen, die Dir in Deinem Umfeld ständig oder häufiger begegnen, loskommst, dann ist ein genaueres Hingucken angeraten, um heraus zu finden, woran das liegen mag und ob Du hier in Deinem Umfeld gute Möglichkeiten vorfindest, um wirksame Lösungen zu finden oder ob Du an einen Punkt kommst, wo Du sagen musst: „So geht das alles nicht. Ich kann nicht hier bleiben. Ich muss jetzt umziehen und einen deutlichen Strich durch einen Weggang ziehen.“

Beide Varianten sind denkbar. Wichtig ist, die Situation und die gesamte Entwicklung im Blick zu behalten und dafür zu sorgen, dass das Wohnen sicher bleibt und der Ausstieg gut weitergehen kann.

3. Den Wohnraum mit technischen Hilfsmitteln absichern

Insbesondere wenn Du alleine wohnst, möchte ich Dir gerne empfehlen Deinen Wohnraum mit technischen Hilfsmitteln abzusichern. So kannst Du sicherstellen, dass weder in Deinem Beisein, noch in Deiner Abwesenheit jemand einfach so in Deinen Wohnraum eindringen kann. Und wenn Du diese Gewissheit hast, erhöht das Dein Sicherheitsgefühl, Deine Lebensqualität und Deine Fortschritte wie auch Deine Fähigkeit, Dich zu entspannen und wohlzufühlen enorm.

Glücklicherweise bietet die Technik eine Vielzahl an Möglichkeiten, so dass Du Dich für das Hilfsmittel entscheiden kannst, was am besten zu Dir und Deiner Situation passt.

Es gibt z.B. Alarmanlagen, Überwachungskameras und Sicherheitsschlösser.

Sicherheitsschlösser bieten meines Erachtens den besten Schutz, da sie Eindringlinge tatsächlich daran hindern können (unbemerkt) in Deinen Wohnraum zu kommen. Bevor Du allerdings ein Sicherheitsschloss an Deine Wohnungstür anbringen lässt, solltest Du Dir schriftlich die Genehmigung Deines Vermieters/ Hausverwalters geben lassen, da es oft sogar in den Mietverträgen festgehalten ist, dass man ohne Erlaubnis keine Veränderungen an Wohnungstüren als Mieter vornehmen darf.

Alarmanlagen dienen der Abschreckung und können so eingestellt werden, dass sie bereits anschlagen, wenn jemand auch nur versucht, die Tür zu öffnen. Hierzu sollte man sich erkundigen, ob die Alarmanlage auch bei Stromausfall funktioniert und wie lange die Batterie anhält. Man muss in der Lage sein, die Anlage korrekt zu bedienen (wer vergisst, die Alarmanlage einzuschalten, wenn er das Haus verlässt oder sich vor einem Signalton erschreckt, sollte vielleicht lieber ein anderes Hilfsmittel wählen) und sich im Vorfeld überlegen, wie man reagiert, wenn die Anlage tatsächlich anspringt.

Eine Überwachungskamera kann direkt in der Wohnung positioniert werden und sogar versteckt werden, so dass Eindringlinge gar nicht bemerken, dass sie gefilmt werden. Eine Überwachungskamera kann nicht verhindern, dass jemand in den Wohnraum eindringt, aber mit dem Videobeweis kann man hinterher dann wenigstens für Konsequenzen für dieses Verhalten des Eindringlings sorgen und hat Gewissheit darüber, wer wann die Wohnung betreten und verlassen hat.

Ein abschliessender Hinweis

Alle diese äusseren Tipps können entweder teilweise oder auch sehr stark zu einem sicheren Wohnen, zu Entspannung, mehr Lebensqualtiät und zu mehr Distanz zu Tätern führen.

Doch wenn es gleichzeitig keine inneren Fortschritte und Veränderungen gibt, wenn Du emotional gefangen bleibst und abhängig von Tätern bzw. immer wieder in eine Opfer-haltung hineinfällst, dann werden Dir diese äusseren Massnahmen irgendwann auch nicht mehr helfen. Das Äussere und das Innere muss zusammen laufen, sonst funktioniert das alles nicht.

Daher denke bitte auch über Themen nach wie:
Wie kann ich lernen, Grenzen zu setzen?
Wie schütze ich mich?
Wie werde ich emotional frei von Tätern und der Opferrolle?
Wie kann ich mein Denken und Fühlen ändern und gute Reaktionen einüben?

Abschliessend möchte ich noch darauf hinweisen, dass es Betroffene gibt, die trotz erster ernsthafter Abgrenzungsversuche immer noch selbst Kontakt zu Tätern aufnehmen und dies evtl. für eine längere Zeit gar nicht bewusst merken. Ein noch so guter Plan, wie Du Dich von Tätern äusserlich distanzieren kannst, das beste Sicherheitsschloss der Welt, bringt Dir leider gar nichts, wenn Du innerlich nicht so sehr zusammenhältst, dass Du den Tätern weder Informationen, noch Deinen Wohnungsschlüssel gibst und die Täter weiterhin an Deinen Körper ranlässt. Hier geht es darum, das zu bemerken und dabei ist therapeutische Begleitung in der Regel notwendig. Das Ziel ist der Abbruch von dem Täterkontakt, die Sicherstellung, dass konsequent eine Distanz eingehalten werden kann, so dass dann wiederum auch alle äusseren Massnahmen erfolgreich greifen können.

Wenn Du also bemerken solltest, dass irgendwer in Deiner Wohnung war oder dort Sachen fehlen, nicht mehr an ihrem gewohnten Platz stehen oder Gegenstände hinzugefügt wurden, könnte es evtl. sein, dass tatsächlich jemand bei Dir in der Wohnung war und es klug wäre, der Frage nachzugehen: „Wer könnte das gewesen sein? Wann ist das möglicherweise geschehen? Mit welchem Zweck ist das vermutlich geschehen – was sollte dadurch erreicht werden? Und warum weiss ich davon nichts – warum kann ich mich nicht oder nur verschwommen daran erinnern? Darf ich ein Wissen darüber zulassen?“

Dieses Nachgehen und Verstehen- Wollen zu der Frage: „Was ist hier los? Wie kommt das?“, führt Dich dann zum nächsten Schritt. Wenn Du nämlich auf diese Fragen Antworten gefunden hast, kannst Du dieses Wissen wiederum einsetzen, um Abhilfe zu schaffen und Deinen Wohnraum wirklich sicher zu machen.

Es ist besser, einen Moment innezuhalten, solchen Vorkommnissen nachzuspüren und zu überprüfen und ehrlich vor sich selbst zu werden, als einfach weiterzumachen und alles zu verdrängen und es so zu lassen, wie es ist. Wer merkt, dass evtl. das eigene Verhalten, die eigene Kontaktaufnahme (eines inneren Anteils) dazu geführt hat, dass die Täter immer noch Zugriff auf den Körper oder den Wohnraum hatten, kann ab dem Zeitpunkt aus nochmal neu über die Situation nachdenken und wird dann bestimmt auch Lösungen finden, die nachhaltig wirksam sind. Bitte schäme Dich nicht!

Hab keine Angst! Falls Du es bis jetzt noch nicht geschafft hast, Dich ausreichend zu schützen, ist das nicht schlimm. Denn das alles ist ein Prozess, in dem Du langsam lernen kannst, wie etwas machbar ist und wie Du gut für Dich sorgen kannst. Ja, Du kannst das lernen!!!

Alles hat seine Zeit! Und Situationen können sich verändern und Menschen können Heilungs- und Entwicklungsprozesse durchlaufen, die ihnen am Ende helfen. Es ist möglich Fortschritte zu erlangen und der Wunsch nach einem sicheren Wohnen, nach einem Ende von (körperlicher) Gewalt, muss auf lange Sicht kein Wunsch bleiben, sondern kann Wirklichkeit werden.

Selbst dann, wenn Du noch nie sicher gewohnt hast und gar nicht weisst, wie sich das eigentlich anfühlt, selbst dann wenn es Dir sehr schwer fällt Dich abzugrenzen und gut für Dich zu sorgen, selbst dann, wenn Du für einige Zeit noch von Dir aus zu Tätern Kontakt aufgenommen hast und ihnen evtl. Deinen Wohnungsschlüssel gegeben hast:

Du kannst umlernen! Du kannst Dich weiterentwickeln! Du kannst Wichtiges erkennen und bedenken! Du kannst Dich informieren und beraten lassen! Du kannst es schaffen, irgendwann sicher zu wohnen! Und das ist ein grosser Gewinn!!!

Einige Tipps zur Planung eines Umzuges

Wenn Du bei Deinen Überlegungen dahin tendierst, evtl. umzuziehen, um Dich vor dem Einfluss der Täter zu schützen, ist es klug einmal abzuklären, welche Absichten Du mit einem Umzug verfolgst.

Wobei soll Dir der Umzug helfen? Was möchtest Du gerne damit erreichen?
Ist ein Umzug zum jetzigen Zeitpunkt „nur“ eine Flucht? Würde Dich der Wechsel Deines Umfeldes eher destabilisieren oder würde Dir das jetzt tatsächlich helfen?

Kannst Du das, was Du mit Hilfe eines erneuten/ erstmaligen Umzuges erreichen willst, auch ohne Umzug erreichen oder ist es wirklich besser jetzt (nochmals) das Umfeld zu wechseln?

Ich bin mir sicher, dass Du sehr bald merken wirst, was sich richtig anfühlt. Und wenn Du zu dem Schluss kommst, dass Deine Situation einen Umfeldwechsel notwendig macht, dann könntest Du ja evtl. versuchen, Deinen (nächsten) Umzug in einen Rahmen einzubetten und gut vorzubereiten.

Hierbei können Dir Deine Wünsche, Deine Absichten und Ziele, die Du mit einem Umzug verbindest, gute Hinweise geben. Wenn Du z.B. einen Umzug dazu nutzen möchtest, zu lernen, Dich besser abzugrenzen und am neuen Wohnort dann wirklich in der Lage zu sein, Dich vor Übergriffen zu schützen, könntest Du Dir überlegen, wie genau das aussehen könnte. Was würdest Du dazu brauchen? Vielleicht ein gutes Buch zu diesem Thema oder eine Beraterin, die Dir hierbei weiterhilft? Dann könntest Du z.B. im Vorfeld mal erfragen, ob es eine Hilfsperson oder eine Bücherei an dem neuen Ort gibt und kannst entweder vor Deinem Umzug schon einen ersten Kontakt zu dieser Hilfsperson aufnehmen oder Du nimmst Dir vor, dass Du nach Deinem Umzug dies und jenes unternehmen wirst, um Deine Ziele auch erreichen zu können.

Manchmal kann es helfen, diese Ideen und Pläne einfach aufzuscheiben und immer mal wieder nachzuschauen, was man eigentlich erreichen wollte und was man evtl. schon umgesetzt hat.

Welche Vorteile hat es, wenn Du Dir im Vorfeld Gedanken über Deine Absichten machst und versuchst Deinen Umzug gut vorzubereiten?

Zum Einen kann ein gut vorbereiteter Umzug dazu beitragen, dass der Ortswechsel etwas schonender abläuft und Dir vielleicht etwas weniger an die Substanz geht. Denn bei allen Vorteilen, die ein Umzug haben kann, ist es doch auch eine ganz schöne Umstellung und es braucht Zeit und Kraft sich an einem neuen Ort zurecht zu finden und einzuleben.

Zum Anderen hat ein klarer Rahmen für einen Umgebungswechsel den Vorteil, dass Du verschiedene konkrete Vorhaben hiermit verbunden hast. Wenn dann mal eine Sache hiervon nicht klappt, ist das keine Katastrophe, denn Du hast Dir ja noch andere Ziele gesetzt. Wenn Du also am neuen Ort z.B. eine kompetene Beraterin finden konntest, die Dir bei dem Erlernen von Schutzmassnahmen und einer gesunden Grenzziehung weiterhelfen konnte, aber es gab dort keinen Selbstverteidigungskurs, dann hast Du trotzdem ein Ziel erreicht und bist weitergekommen.

Ein durchdachtes Vorgehen aufgrund Deiner Beobachtungen und Wünsche ist besser, als eine unüberlegte Flucht. Es ist total okay umzuziehen und möglicherweise auch mehrmals umzuziehen. Doch Umzüge und Fluchtwege allein, sind auf Dauer keine Lösung. Deshalb ist es wichtig, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, die eigene momentane Situation gut wahrzunehmen und abschätzen zu lernen, welcher Weg jetzt zu Erfolgen führen kann.

Es gibt Zeiten, da muss man sein Umfeld verlassen und flüchten, um sein Überleben zu sichern und voranzukommen, doch auf lange Sicht können Ortswechsel nur in Verbindung mit inneren Veränderungen ihre Wirkung zeigen. Irgendwann sollte der Punkt kommen, an dem Du keinen weiteren Umzug mehr brauchst, um in (weitestgehender) Sicherheit leben zu können. Es ist oft ein langer Weg, aber man kann Distanz zu Tätern schaffen, man kann lernen, sicher zu wohnen und man kann Täterkontakt und körperliche Übergriffe vermeiden. Doch man braucht dazu Einsatzbereitschaft und einen langen Atem!

Und über welchen Weg und mit welchen Hilfsmittel Du dieses Ziel, die Distanz zu Tätern erreichst, nach wie vielen Umzügen Du sicher wohnen kannst, ist zweitrangig. Hauptsache Du machst Dich auf den Weg und kommst auch irgendwann am Ziel an.

Auch hier gilt:

Das Innere und Äussere muss gut zusammen wirken, damit ein sicheres Wohnen und Stabiltät der Situation geschaffen werden kann.

 

Zusammenfassung

Ein sicheres Wohnen ist für Deine Sicherheit und Dein Weiterkommen sehr wichtig.

Du kannst Dein Wohnen sicherer gestalten, in dem Du vorübergehend mit anderen Personen zusammen wohnst (WG, Einrichtung…), in dem Du versuchst, Menschen aus Deinem Umfeld – durch Informationen über die aktuelle Lage und mithilfe von konkreten Absprachen – mit in Deine Situation und die Sicherheitsvorkehrungen einzubinden und Du kannst mit Hilfe technischer Mittel (Alarmanlage, Sicherheitsschloss…) Deinen Wohnraum (einbruchs-) sicher machen.

Ebenso ist es wichtig, sich mit möglichen aktuellen Gefahren und der eigenen Reaktion hierauf zu beschäftigen. Hier können Themen wie Selbstbehauptung, Selbstverteidiung und Grenzsetzung ausschlaggebend sein.

Notwendig ist in jedem Fall die Bereitschaft sich auch innerlich von Tätern und der eigenen Opferhaltung zu lösen und innere Fortschritte zu machen. Für Personen, die mehrere Anteile in sich tragen, ist diese innere Betrachtung besonders wichtig, damit sie überprüfen und bemerken können, ob es Sicherheitslücken möglicherweise auch durch eine eigene Nachlässigkeit oder Kontaktaufnahme zu Tätern geben könnte.

Bei einem Umzug als eine Möglichkeit sich aus einem Umfeld zu entfernen, das keinen guten Rahmen bietet, um gut voranzukommen und als ein gezieltes Herauskommen aus den alten Strukturen, ist es sinnvoll, sich zu überlegen, wann ein Umzug notwendig ist und hierüber Fortschritte erzielt werden können und wann ein Umzug lediglich eine Flucht darstellen würde, die zwar viel Energie verbraucht, doch leider eher weniger hilfreich ist.

Ein Umzug kann tatsächlich ein guter Weg sein, um sich in Sicherheit zu bringen und von Tätern und deren Nachstellungen zu distanzieren. Wer einen Umzug gezielt vorbereiten kann und einen Rahmen gestaltet, in dem der Umzug schonender abläuft, der hat gut für sich gesorgt und trifft am neuen Ort auf eine vorbereitete Umgebung. Das macht einen Neuanfang etwas leichter und wenn mehrere Ziele mit einem Umzug verbunden werden können, ist es auch nicht mehr ganz so schlimm, wenn eine Sache dann mal nicht klappt.

 

Zeit alles

Alles hat seine Zeit! Es dauert manchmal etwas, bis man gelernt hat, seine Situation einzuschätzen und zu merken, ob man sicher wohnt, wie man sicherer wohnen könnte und welcher Weg nun beschritten werden sollte. Auch die innere Loslösung und das Stabiler- Werden und Gut- Auf- Sich- Zu- Achten- Lernen sind Entwicklungsschritte, die oft Zeit brauchen und wo Fortschritte und Erfolge erst nach einiger Zeit sichtbar werden.

Man kann lernen, sich abzugrenzen und zu schützen! Man kann lernen, sich (körperlich)
in Sicherheit zu bringen vor Tätern und übergriffigem Verhalten! Man kann sich Schritt für Schritt distanzieren, von Menschen, die einem nicht gut tun und man kann eines Tages tatsächlich sicher wohnen!

Für Deine Überlegungen, für Deine Entscheidungen und für Dein Vorankommen wünsche ich Dir von Herzen alles Gute und viel Erfolg!

 

Vanessa Lehmann(c), November 2014
www.mut-zum-ausstieg.de

veröffentlicht am 19.01.2015